Aus dem Rat: Gymnasium für Alfter muss sozialverträglich finanzierbar sein

In der Ratssitzung am 08. Dezember 2022 musste sich der Rat mit der Frage beschäftigen, ob die Errichtung und der Betrieb eines Gymnasiums in Alfter finanziert werden kann. Zur Genehmigung des vorgezogenen Anmeldeverfahrens im Januar, muss die finanzielle Machbarkeit nachgewiesen werden. Die hierfür vorgesehene Steuererhöhung der Grundsteuer B um insgesamt 135,91% ist für die FDP-Fraktion sozial unverträglich und absolut unzumutbar. Diese Einschätzung teilten auch die Fraktionen der Grünen, SPD, Freie Wähler und UWG. Bis zur Sondersitzung und endgültigem Beschluss des Rates am 10. Januar 2023 soll eine neue Grundstruktur für ein Haushaltsicherungskonzept mit sozialverträglicher Finanzierung erarbeitet werden.

Im Juni 2022 hatte der Rat einstimmig den Beschluss gefasst zum Schuljahr 2023/2024 ein dreizügiges Gymnasium in Alfter zu errichten, sowie die Planungen für einen vierzügigen Ausbau voranzutreiben. Grundlage für diesen einstimmigen Beschluss, waren Einschätzungen des beauftragten Schulentwicklungsplaners Wolf Krämer-Mandeau von Investitionskosten in der Höhe von rund 26 Millionen Euro, sowie einem in den letzten Zügen befindlichen kernsanierten und modernisierten Bestandsgebäude.

Die kürzlich vorgelegte Machbarkeitsstudie offenbarte, dass vorläufig Kosten in der Höhe von rund 80 Millionen Euro zu erbringen sind, um notwendige zusätzliche Bauwerke zu ertüchtigen. Diese Kosten sind jedoch keineswegs abschließend, denn die Kosten für die Sanierung/Erweiterung der Sporthalle, ein erforderliches Gebäude für die OGS, die möglicherweise erforderliche Bereitstellung von Interimscontainern während der Bauphase und die Herstellung von Parkplätzen auf dem Jungfernpfad sind derzeit noch völlig unklar.

Um eine Genehmigung für das vorgezogene Anmeldeverfahren durch die Bezirksregierung Köln zu erhalten, muss die Gemeinde Alfter zunächst die Finanzierbarkeit für die Errichtung und den Betrieb des Gymnasiums valide nachweisen können. Aufgrund der ohnehin angespannten Haushaltslage und der nun vorliegenden Baukosten von rund 80 Millionen Euro, Kosten für den laufenden Betrieb in der Höhe von 5,5 Millionen Euro p.a., sowie Finanzierungskosten (Zinsen und Tilgung) in der Höhe von 3,5 Millionen Euro p.a., ist für die Darstellung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Gemeinde Alfter ein Haushaltsicherungskonzept (HSK) darzustellen. Hierfür ist vorgesehen den Hebesatz der Grundsteuer B von derzeit 750 Punkten im Jahr 2024 auf 1.500 Punkte anzuheben und so dann im Jahr 2028 auf 1.800 Punkte, folglich eine Grundsteuererhöhung von insgesamt 135,91%.  

 

In Ihrer Rede am 08. Dezember skizierte unsere Fraktionsvorsitzende Miriam Clemens die Entscheidung der FDP-Fraktion der vorliegenden Grundstruktur des HSK nicht zustimmen zu können:

- Es gilt das gesprochene Wort –

„Sehr geehrter Herr Dr. Schumacher, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

Die FDP-Fraktion ist im Juni 2022 mit Beschlussfassung davon ausgegangen, dass die geschätzten Kosten von rund 26 Mio. EUR keine Endabrechnung sind. Fraktionsintern sind wir von 10 Mio. EUR Mehrkosten ausgegangen, auch haben wir mit der Aufstellung eines HSK, sowie moderaten Steuererhöhungen gerechnet. Die nun vorliegenden Zahlen sind jedoch schockierend und haben für unruhige Nächte gesorgt.

Die Entscheidung ist der FDP-Fraktion nicht leichtgefallen und das möchte ich zu Beginn ganz konkret betonen: Die FDP ist natürlich bereit in Bildung zu investieren, wir sind natürlich bereit die bestehende Lücke im Bildungsangebot der Bildungsregion Bonn/Rhein-Sieg zu schließen und damit die Nachbarkommunen zu entlasten, wir sind natürlich bereit Bildungsmöglichkeiten und Bildungschancen für die Kinder in Alfter zu schaffen.

Mit der vorliegenden Beschlussvorlage „unterwirft sich der Rat selbstverpflichtend den Konsequenzen, um die Errichtung und den Betrieb des Gymnasiums zu finanzieren“(so der Kämmerer in der Drucksachennummer 11-1-262). Im Raum steht die Anhebung der Grundsteuer B im Jahr 2024 auf 1.500 Punkte, sowie im Jahr 2028 auf 1.800 Punkte. Die Politik muss sich fragen, ob sie solche drastischen Steuererhöhungen verantworten kann. Wir Freien Demokraten haben nicht lediglich die bloße Zahl des Hebesatzes betrachtet, sondern uns intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, welche ganz konkreten Konsequenzen haben diese Steuererhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger?

  • Ab 2025 gilt das neue Grundsteuergesetz. Jede Immobilie erhält einen individuellen Messwert. Der Messwert in der Beschlussvorlage von 85 EUR hat lediglich exemplarischen Charakter. Privat liege ich persönlich bei rund 1.900 EUR p.a. Es wird jedoch Menschen mit Eigentum geben, die jenseits einer Steuerlast von 2.000 EUR p.a. liegen werden und die diese extreme Steuerbelastung finanziell nicht aufbringen können, aus Sicht der FDP höchst problematisch.

 

  • Die drastische Steuerlast betrifft ebenso Mieterinnen und Mieter. In der Beschlussvorlage wird intensiv auf die kommunale Daseinsfürsorge hingewiesen. Aus der kommunalen Daseinsfürsorge lässt sich die Verantwortung der Gemeinde Alfter für den sozialen/bezahlbaren Wohnraum aus der Pflicht zur Sicherung des sozialen Mindeststandards ableiten. Dieser Pflicht soll aktuell mit der Mieterschutzverordnung des Landes NRW über das Element der Mietpreisbremse nachgekommen werden. Seitens der Vermietenden kann die Grundsteuer über die Nebenkosten auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden. Bei Umsetzung der anvisierten Steuererhöhungen steigen die Mietkosten unweigerlich und bezahlbarer Wohnraum wird immer unwahrscheinlicher, die Politik würde viele Menschen unabhängig ob Mieter oder Eigentümer an die äußersten Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit bringen. Zudem widerspricht dies dem politischen Willen im Neubaugebiet Buschkauler Feld bezahlbaren Wohnraum und vergünstigtes Eigenheim zu ermöglichen. Dieses Vorhaben steht wegen der stark gestiegenen Baukosten, sowie Anstieg der Zinsen ohnehin auf dünnem Eis, mit der anvisierten Steuererhöhung würde die Politik zu einer weiteren Verschärfung beitragen.

 

  • Es bestehen viele Unwägbarkeiten nicht nur beim Gymnasium (u.a. aufgrund derzeit noch unklarer zusätzlicher Baukosten), sondern auch bei ISEK, wo wir gerade Baukostensteigerungen von rund 3,7 Mio. EUR für die Mehrzweckhalle zu verzeichnen haben. Bei einer derart desolaten Haushaltslage und drohender drastischen Steuerhöhungen, gehören alle Investitionen, insbesondere Prestigeprojekte auf den Prüfstand, so auch ISEK, um Konsolidierungsoptionen zu identifizieren, denn auch ohne Beschluss zum Gymnasium steht ein HSK und Anhebung der Grundsteuer B auf 1.250 Punkte im Raum.

 

  • Wesentliche Konsolidierungsmaßnahmen können entsprechend der Beschlussvorlage im Wesentlichen nur noch über weitere Steuererhöhungen (Grundsteuer A und B, Gewerbesteuer, Hundesteuer, etc.) Gebührenerhöhungen, sowie zusätzliche Gebühren wie beispielsweise eine Parkraumbewirtschaftung, erzielt werden.

 

Der FDP-Fraktion ist die Entscheidung nicht leichtgefallen, da wir bereit sind massiv in Bildung zu investieren. Unter Abwägung der so tiefgreifenden Konsequenzen, der Unwägbarkeiten, der aktuellen allgemeinen Kostensteigerungen von der wir alle nicht nur im Energiebereich betroffen sind, sowie die für die FDP äußerst besorgniserregende Tatsache, dass auch in Alfter immer mehr Menschen auf die Tafel angewiesen sind, können wir dem vorliegenden HSK mit derart sozialunverträglichen Steuererhöhungen heute nicht zustimmen. Wir sind jedoch bereit in konstruktiver Zusammenarbeit mit allen Fraktionen und der Verwaltung Konsolidierungsoptionen zu identifizieren, um eine sozialverträgliche Finanzierung zu erarbeiten, um ein Gymnasium in Alfter zu errichten. Vielen Dank.“

Nach über dreistündiger Debatte, mehrfacher Wiederholung, dass alle Fraktionen mit Ausnahme der CDU keinen Freifahrtsschein erteilen können, wurde einstimmig der Beschluss gefasst, in einer Lenkungsgruppe noch in diesem Jahr eine neue Grundstruktur für ein HSK mit einer sozialverträglichen Finanzierung zu erarbeiten, über das der Rat abschließend in einer Sondersitzung am 10. Januar 2023 beraten und Beschluss fassen soll.

„Ich bin gerne bereit zusätzliche Arbeit in die Prüfung von Konsolidierungsmaßnahmen zu investieren. Die kurze Zeitphase muss konstruktiv, ohne parteipolitische Interessen zur Prüfung der Finanzierbarkeit des Gymnasiums genutzt werden, dafür muss auf das blanke Zahlenwerk der Investitionskosten abgestellt werden. Für die Freien Demokraten steht fest, dass ein endgültiger Beschluss zur Errichtung des Gymnasiums am 10. Januar 2023 nur dann unsere Zustimmung finden kann, wenn eine sozialverträgliche Finanzierung möglich ist. Ob dies gelingt, ist fraglich, denn auch ohne ein Gymnasium steht derzeit ein HSK mit einer Grundsteuererhöhung auf 1.250 Punkte im Raum“, so Miriam Clemens nachträglich.