Haushaltsrede 2023 der FDP-Fraktion Alfter

Die FDP-Fraktion stimmte in der Ratssitzung am 30. März gegen den Haushalt 2023. 

Die Haushaltsrede unserer Fraktionsvorsitzenden Miriam Clemens:

- Es gilt das gesprochene Wort -

 

„Sehr geehrte Frau stellv. Bürgermeisterin Wiechert, sehr geehrte Mitarbeitende der Verwaltung und der Presse, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürgerinnen und Bürger,

zu Beginn meiner Rede möchte ich unseren Dank an die gesamte Verwaltung richten, die nicht nur aufgrund der Corona Pandemie, sondern auch aufgrund der Folgen des immer noch andauernden Krieges in der Ukraine einer besonderen Arbeitsbelastung ausgesetzt war und ist. Besonderer Dank gilt Herrn Heinrich und seinem Team der Kämmerei für die ausgesprochen konstruktive Haushaltsberatung.

„Aus der Coronawelle in die Pleitewelle“ ist mit Blick auf das Defizit von 1,2 Mio. € im vorliegenden Haushaltsentwurf und in die Zukunft für die Gemeinde Alfter zutreffend.

Das letzte Jahr hat unsere Gegenwart und Zukunft fundamental verändert durch den schrecklichen Angriff von Putin auf die Ukraine. Gestiegene Inflation, Energie- und Baukosten treffen Privatpersonen wie auch den Haushalt der Gemeinde Alfter.

Auch hier in Alfter sind wir solidarisch mit der Ukraine sind. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit. Aber machen wir uns klar: Es ist mehr als ein Gebot der Menschlichkeit - in der Ukraine werden auch unsere Werte verteidigt. Wir sind nicht nur solidarisch mit den Menschen der Ukraine, sondern mit allen Menschen, die bei uns Zuflucht suchen. Gleichwohl kann auch trotz der gesonderten Zuweisung des Landes NRW in der Höhe von 531.000€  aus dem „Ukraine Sondervermögen“ nicht darüber hinweggesehen werden, dass die Zuweisungen des Landes nicht kostendeckend sind und die Gemeinde Alfter vor große finanzielle Herausforderung stellt.

Die Bilanzierungshilfe des NKF-CUIG - Isolierung der Verschlechterung durch Corona-Pandemie und des Ukraine Krieges mag temporär hilfreich erscheinen, denn ohne diese Isolierung würde das Defizit für 2023 bei rund 6 Mio.€ liegen. Die Belastung verschiebt sich jedoch lediglich in zukünftige Haushalte ab dem Jahr 2025 und wird somit einer generationengerechten Finanzpolitik keineswegs gerecht.

Hinzu kommen eine Vielzahl von Mehrkosten wie etwa für den Rechtsanspruch auf Kita- und OGS-Plätze, Hochwasserschutzmaßnahmen und für das kommunale Personal, so dass verwaltungsseitig im Dezember eine Anhebung der Grundsteuer B auf 1.250 Punkte avisiert wurde.

Der FDP-Fraktion fehlt aktuell der Glaube, dass alle politisch Verantwortliche das zwingende Erfordernis zu Einsparungen hinreichend verinnerlicht haben.

Die Erweiterung des Stellenplans bedeutet zusätzliche Kosten von jährlich 441.930 €. Die eingeplanten Tarifsteigerungen in Höhe von 5% erscheinen aus Sicht der FDP-Fraktion nicht ausreichend. Die Rückstellung für Pensionen weisen zum 31.12.2021 einen Bestand von 16,3 Mio.€ aus und stellen ein hohes finanzielles Risiko dar. Die bisher ungeklärte Finanzierungsfrage wird durch Antrag der FDP-Fraktion künftig geklärt werden. Zusammenfassend widerspricht die immerwährende Stellenplanerweiterung im Grunde der so dringend notwendigen Konsolidierung.

Während die CDU nach der rechtlichen Zulässigkeit der digitalen Gremienarbeit fragt, geht es uns um die Frage welchen persönlichen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung die Ausschuss- und Ratsmitglieder erbringen können und bereit sind zu erbringen. In unserer Fraktion sind alle Mitglieder mit einem echten Sparwillen vorangeschritten.

Die CDU hat im letzten Gemeindeentwicklungsausschuss eine stundenweise nächtliche Abschaltung der Straßenbeleuchtung blockiert, obwohl neben einer jährlichen Einsparung von rund 71.000€, der Energieverbrauch eingedämmt und damit ein aktiver Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele erfolgen kann. Herr Kollege Gratz, es ist legitim auf eine namentliche Abstimmung zu verweisen, aber Sie stellen auf der Website der CDU die Ausschussmitglieder auf bemerkenswerte Art und Weise an den Pranger. Das kann ich so für meine Fraktion nicht stehen lassen. Sie unterstellen uns, wir würden die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger leichtfertig in Gefahr bringen – hiervon distanzieren wir uns in aller Form. Sie fabulieren darüber, dass wir, ich zitiere „die Freiheit der Bürgerinnen leichtfertig aufs Spiel setzen wollen“. Herr Gratz, in der Ukraine, im Iran und auch in Afghanistan kämpfen die Menschen um ihre Freiheit, aber ganz sicher nicht hier in Alfter wegen stundenweise abgeschalteter Straßenbeleuchtung.

Das Festhalten der Grünen zur Erweiterung der Hangbuslinie 882, einer mit Blick auf die Mobilitätswende und Erreichung der Klimaschutzziele sinnvolle Maßnahme, aufgrund der derart desolaten Finanzlage und der bevorstehenden massiven Belastung der Bürgerinnen und Bürger bedauerlicherweise schlichtweg nicht finanzierbar.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion konnte der Grundstruktur für ein Haushaltssicherungskonzept zur Errichtung des Gymnasiums aufgrund der massiven finanziellen Belastungen für alle Menschen in Alfter, gleich ob zur Miete oder im Eigenheim wohnend, im Januar nicht zustimmen. Gleichwohl ist es unser Anliegen ein gut ausgestattetes Gymnasium für unsere Alfterer Kinder und Jugendlichen zu ermöglichen. Hierzu bringen wir uns mit konstruktiven Vorschlägen in der Lenkungsgruppe ein. Dass Politik und Verwaltung aufgrund der desolaten Haushaltssituation nicht alle Wünsche erfüllen können, selbst wenn es gute pädagogische Begründungen gibt, ist frustrierend. Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung Kompromiss-Lösungen zu finden, die die verschiedensten Anforderungen angemessen und zukunftsfähig berücksichtigen.

Bereits zum Doppelhaushalt 2021/2022 haben wir Freien Demokraten strikte Ausgabendisziplin gefordert und auf erforderliche Konsolidierungsmaßnahmen hingewiesen, denn damals konnte bereits mittelfristig der Haushaltsausgleich für die Jahre 2024 und 2025 schon nicht mehr dargestellt werden. Umso verwunderlicher die Anmietung des Alfterer Schlosses mit 120.000€/p.a. Mietkosten über die nächsten 22 Jahre, zuzüglich der Nebenkosten und Umbaukosten zur Unterbringung der OGS, ohne die Überprüfung von Alternativen wie von uns gefordert. Damals mehrheitlich strikt abgelehnt, künftig Realität, dass zusätzlicher Raumbedarf für die OGS in bestehenden Klassenräumen abgebildet werden muss.

Spätestens mit der massiven Baukostensteigerung der Mehrzweckhalle in Alfter, lag es in der Verantwortung des Bürgermeisters Dr. Schumacher auch ohne politischen Beschluss Konsolidierungsmaßnahmen zu erarbeiten. Die Kommunikation gegenüber der Politik bis November und Dezember weitestgehend intransparent. Wie bereits zum Nachtragshaushalt 2022 wurde unser Antrag zur Überprüfung von Konsolidierungsmaßnahmen auch im letzten November im Haupt- und Finanzausschuss noch mehrheitlich abgelehnt mit der Begründung „die Steuerhebesätze seien ja noch nicht bekannt“.

Die Kommunikation des Bürgermeisters gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ist insoweit intransparent, als das ausdrücklich an Verwaltung und Fraktionen adressierte Einwendungen nicht an die Fraktionen weitergeleitet wurden. Sie haben trotzdem den Weg zu uns gefunden. Die Antworten des Bürgermeisters sind bemerkenswert: Er schiebt die Verantwortung ausschließlich auf die im Rat vertretenen Fraktionen. Es ist richtig, dass der Rat durch Mehrheiten Beschlüsse fasst, der Bürgermeister scheint bei der Beantwortung jedoch vergessen zu haben, dass er als Vorsitzender und Mitglied dieses Rates ein Stimmrecht hat, von dem er regelmäßig Gebrauch macht und folglich mitverantwortlich für die gefassten Beschlüsse ist.

Der Haushaltentwurf ist für die Bürgerinnen und Bürger insoweit intransparent, als das auf den ersten Blick nicht erkennbar ist, dass die im Januar beschlossene Grundstruktur für ein Haushaltssicherungskonzept im Gesamtfinanzplan enthalten ist, denn das Haushaltssicherungskonzept als solches liegt nicht wie noch bei Einbringung des Haushaltes, als Anlage zur heutigen Beschlussfassung bei.

Meine Damen und Herren, der Rat beschließt heute keine Steuererhöhungen, diese können zum heutigen Tage auch noch nicht im Detail beziffert werden. Dennoch ist ersichtlich, dass es keine sozialverträglichen Hebesätze der Realsteuern geben wird. Die künftige Rekordneuverschuldung führt erneut in ein Haushaltsicherungskonzept bei dem es vorwiegend auf die Genehmigungsfähigkeit und die damit unweigerlich verbundenen Einnahmensteigerungen ankommt.

Alfter befindet sich wie im Januar angekündigt in einem finanzpolitischen Blindflug. Hierzu fällt mir Shakespeare, Hamlet 2. Akt, 2 Szene, Polonius ein: „Ist es doch Wahnsinn, so hat es Methode.“ Eine Methode die meine Fraktion bereits im Januar nicht mittragen konnte. Trotz zukunftsweisender Investitionen wie insbesondere in die Feuerwehr, die wir ausdrücklich unterstützen, lehnt die FDP-Fraktion den Haushalt 2023 ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!“

 

Die Haushalsrede und Anträge zum Haushalt stehen als PDF zum Download zur Verfügung.

 

Miriam Clemens, Fraktionsvorsitzende. Kontakt: miriam.clemens@fdp-alfter.de
Miriam Clemens, Fraktionsvorsitzende. Kontakt: miriam.clemens@fdp-alfter.de